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Rewe verschickt Handzettel via WhatsApp

Rewe versendet als erster deutscher Lebensmittel-Einzelhändler wöchentlich Angebotsprospekte über die Social-Media-Plattform WhatsApp. Die Maßnahme ist aus Sicht des Kölner Handelsunternehmens ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung der Kundenkommunikation. Das Handelsunternehmen hatte angekündigt, ab 1. Juli 2023 auf Druck und Verteilung von Prospekten komplett zu verzichten. Es begründet dies vor allem mit dem Effekt für Umwelt, Klima und Ressourcen. Die Umstellung soll mehr als 73.000 Tonnen Papier, 70.000 Tonnen CO2, 1,1 Millionen Tonnen Wasser und 380 Millionen kWh Energie einsparen. 

Seit Ende August können sich Kunden deutschlandweit den Handzettel ihres bevorzugten Rewe-Markts auf ihr Smartphone schicken lassen. Rewe versendet die Angebote jeden Sonntag über WhatsApp. Das Unternehmen hat sich für den Dienst des Facebook-Konzerns Meta entschieden, weil sich dieser in Deutschland quer durch alle Zielgruppen großer Beliebtheit erfreut und durch hohe Nutzungsraten auszeichnet. Mit der technischen Umsetzung betraute das Unternehmen den offiziellen Meta Geschäftspartner 360dialog. 

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Vor dem bundesweiten Start hatte Rewe den Service bereits getestet. Nach Aussagen des Handelsunternehmens stieß der digitale Handzettel per WhatsApp bei Kunden auf großes Interesse. Dies sollen die hohen Anmelderaten für den Service bestätigen, sowie Öffnungszeiten und Verweildauer beim virtuellen Angebotsprospekt. Daten dazu hat das Unternehmen nicht veröffentlicht. 

Einfacher Einstieg in umstrittenes Terrain 

Kunden können sich schnell und einfach für den Dienst registrieren. Sie müssen dafür bei WhatsApp angemeldet sein Über das Scannen eines QR-Codes auf der Website rewe.de/whatsapp öffnet sich ein Chat, in dem der Kunde begrüßt und nach seiner Postleitzahl gefragt wird. Nach der Eingabe wählt der Kunde aus der Liste nahegelegener Rewe Märkte seinen Bevorzugten aus. Er erhält dann sofort den aktuellen Handzettel und kann die wöchentliche Zustellung aktivieren. Möchte er diesen zukünftig nicht mehr erhalten, genügt die Eingabe von `Stop` im Chat. 

Es kann davon ausgegangen werden, dass Rewe über die populäre Plattform eine größere Zahl von Kunden erreicht, die auf die gedruckte Version des Angebotszettels verzichten wollen. Strittig ist, ob über die unterschiedlichen digitalen Kommunikationskanäle die gleiche Reichweite und Werbewirkung erzielt werden kann wie mit dem physischen Handzettel. Bisher steht Rewe mit dem angekündigten vollständigen Verzicht im deutschen Handel allein da.  

Die Lebensmittel Zeitung befragte die Mitbewerber des Kölner Unternehmens. Diese bewerteten den Schritt als mutig oder sogar als hoch riskant. Auf die Frage nach möglichen Umsatzverlusten antworteten die Händler mit Schätzungen zwischen 10 und 20 Prozent. Wer testweise temporär aus Kostengründen aus der Handzettelverteilung ausgestiegen ist, kehrte nach kurzer Zeit zum Bewährten zurück, schreibt das Branchenblatt. Dies bedeutet selbstverständlich keine digitale Askese. Auch die Rewe Mitbewerber setzen verstärkt auf digitale Kanäle, dennoch wollen sie nicht ganz auf den Handzettel verzichten. 

Es bleibt abzuwarten, wie Rewe die digitale Reise fortsetzt und ob sie den angekündigten Verzicht bis Mitte nächstes Jahr konsequent umsetzen wird. Sollte sie dies nicht tun, könnte dies erheblichen Image-Schaden bedeuten. Besonders, da das Unternehmen den Schritt mit dem Argument Nachhaltigkeit begründet. Allerdings bieten die sozialen Medien – über die simple Verteilung von Flyern im pdf-Format hinaus– hoch effiziente Möglichkeiten der personalisierten Kunden-Ansprache. Konsequent angewendet, könnten diese mögliche Verluste durch den Verzicht auf den Handzettel mehr als ausgleichen. 

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Joachim Pinhammer

Joachim Pinhammer unterstützt als Retail Experte Handels- und Technologie-Unternehmen durch Beratung und Marketing-Expertise. Er war als Senior Analyst und Director Retail Technology bei der Analysten-Gruppe Planet Retail tätig. Davor war er als Director Marketing der Wincor Nixdorf AG (heute Diebold Nixdorf) verantwortlich für den internationalen Marketingauftritt der Retail Division des Unternehmens. Joachim Pinhammer ist regelmäßiger Sprecher auf Veranstaltungen der Messe Düsseldorf (EuroShop und EuroCIS), des EHIs und anderen Branchen-Events. Er veröffentlicht Fachbeiträge in Magazinen und Online-Foren der Branche.

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