Aldi Süd plant Entwicklung von Technik im Amazon-Go-Stil
Mit einer weltweiten Ausschreibung sucht Aldi Süd Start-ups aus den Bereichen Machine Learning und Computer Vision, die dem Discounter helfen könnten, Generationen von Technologie-Evolution einfach zu überspringen.
Auf einer einfach gehaltenen Registrierungs-Page bittet der Discounter Jungunternehmer, sich vorzustellen, wenn sie Lösungen testbereit entwickelt haben, welche die automatische Erkennung von Artikeln ermöglichen: in Regalen durch Kameras, durch Apps auf den Smartphones der Konsumenten oder auch in Einkaufswagen. Und zwar ausschließlich auf der Basis von visueller Erfassung.
Ganz explizit schließt Aldi Süd Lösungsanbieter aus, die auf RFID setzen. Das ist clever. Jeden Joghurtbecher mit einem Microchip auszurüsten, ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch kein sinnvoller Weg.
Die automatische Erkennung von Artikeln durch Kameras ist eine Grundlagentechnologie, welche die meisten Instore-Prozesse in den 6.520 Aldi-Süd-Filialen weltweit radikal optimieren könnte. Und die zwei größten Ärgernisse der Kunden beseitigen: Regallücken und Warteschlangen an der Kasse.
Zusatzinformationen zu Produkten auf Apps der Kunden
Explizit nennt Aldi Süd als einen Anwendungsbereich aber auch Apps, die dem Kunden beim Einkauf Zusatzinformationen zu den Produkten anzeigen. Zahlreiche Handelsunternehmen suchen derzeit nach solchen Lösungen, um den Vorsprung des Online-Handels bei der der Filterbarkeit von Produkt-Attributen wett zu machen. Wer mehrere Allergien oder spezielle nutritional Needs hat, tendiert zum Online-Einkauf seiner Lebensmittel, da für ihn das Auffinden geeigneter Produkte im stationären Handel derzeit eine große Herausforderung darstellt.
Doch bei der Ausschreibung von Aldi Süd geht es um wesentlich mehr als um zusätzliche Produktinformationen für die Kunden: Kameras könnten zu jeder Zeit ohne Unterbrechung überwachen, ob die tatsächliche Warenpräsenz auf den Regalen den Planogramme entspricht. Die Mitarbeiter sollen alarmiert werden — nicht nur bei Out-of-Stocks, sondern auch bei kalten Auslistungen, bei denen nicht nur die Ware, sondern auch das Regalpreisetikett fehlen.
Traum der vollautomatischen Bestandserfassung
Während die Facings der Regale gut durch Kameras erfasst werden können, ist die weitaus größere Herausforderung, die gesamte Bestandserfassung zu automatisieren. Sensoren in den Regalböden können hier eine Rolle spielen. Ohne Zweifel wäre die Effizienzsteigerung und die Kostenreduktion für Aldi gigantisch, hätte der Discounter vollautomatisch in Echtzeit stets die korrekten Bestände im Warenwirtschaftssystem.
Nicht zuletzt plant Aldi Süd offenbar, die technologischen Evolutionsstufen Self-Checkout und Self-Scanning zu überspringen und sucht nach Lösungen, welche vollautomatisch erkennen, welche Artkel die Kunden in den Einkaufswagen legen oder welche Produkte sich dort befinden, wenn‘s ans Bezahlen geht.
Spannend dürfte werden, ob dabei in das Verpackungsdesign integrierte Codes eine Rolle spielen, wie sie Edeka‘s Netto mit Digimarc umsetzt, um den Scanningvorgang an der Kasse zu beschleunigen. Der entscheidende Vorteil dieser Lösungen liegt darin, dass die Artikelnummer von jeder Seite aus maschinell gelesen werden kann, auch wenn der größte Teil des Artikels verdeckt werden.
Noch ist jedoch unklar, ob das Verpackungsdesign überhaupt eine spezielle Codierung braucht, oder ob durch es gelingen wird, Artikel auch aufgrund ihres ganz gewöhnlichen Verpackungs-Designs fehlerfrei zu identifizieren: und das mit tausenden Artikeln, die dicht an dicht im Regal stehen.