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Aus für scanless Amazon Fresh Stores im UK

Amazon will alle 19 Amazon Fresh Supermärkte in Großbritannien schließen. Das erklärte der US-amerikanische Online-Gigant in einem Blog-Post am Dienstag dieser Woche. Das bedeutet gleichzeitig das Aus für Amazons Just Walk Out-Technologie in größeren Stores im Vereinigten Königreich. Wettbewerber Sainsbury’s hatte diese bereits im Februar in seiner Filiale am Londoner Holborn Circus durch Self-Checkouts ersetzt.

Nach Abschluss der Maßnahme wird es in Großbritannien keine größeren Vertriebsstätten des Lebensmittel-Einzelhandels mehr geben, die ohne Kasse auskommen. Auch Discounter Aldi Süd, der in London einen Shop&Go Store mit der Technologie von AiFi betreibt, hat diese im vergangenen Monat um eine Self-Checkout-Option ergänzt. Dies folgte einem ersten Schritt im Januar 2024, der es Kunden ermöglichte, dort auch ohne App einzukaufen. Der Retail Optimiser berichtete.

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Allerdings wird auch im UK das Angebot von scanless Stores in kleinflächigen Convenience-Formaten weiterwachsen. Tesco betreibt unter dem Banner GetGo derzeit vier seiner Express Stores scanless mit Technologie von Trigo. Weitere sollen folgen. Die Co-operative Group eröffnete im Juli den ersten von 15 geplanten ‚Co-op On The Go‘ Micro-Stores. Diese setzen allerdings nicht auf Kameratechnik und KI, sondern wollen mit ihrer App im Zusammenspiel mit in ESLs integrierter NFC-Technologie eine schnelle, reibungslose Abwicklung realisieren.

Scanless-Technologie schwächelt in größeren Stores

Der Rückzug der Scanless-Technologie aus britischen Supermärkten bekräftigt die Erkenntnis, dass diese bei größeren Sortimenten und entsprechender Fläche noch nicht fähig ist, alle Transaktionen eindeutig zu erkennen und wirklich vollautomatisch zu funktionieren. In vielen Fällen kann die KI kein sicheres Ergebnis liefern und erfordert manuelle Intervention. Diese Tatsache war lange in der Branche bekannt, ohne dass Handelsunternehmen und weite Teile der Fachpresse offen darüber berichteten.

Im April 2024 griff der Retail Optimiser Medienberichte auf, denen zufolge über 1.000 Mitarbeiter von Amazon in Indien anhand von Videosequenzen über Fälle entscheiden, in denen die KI kein sicheres Ergebnis liefert zur Frage, ob ein Shopper ein Produkt nun genommen hat oder nicht – ob er es wieder zurückgestellt hat oder nicht.

Neue Ausrichtung bei Lebensmitteln

Es bleibt spannend zu beobachten, wie es für die Technologie insgesamt weiter geht. Wird sich Amazon auch im Heimatmarkt von der Just Walk Out-Technologie verabschieden? Werden Computer Vision und KI mittel- oder langfristig auch in komplexen Situationen das Verkaufsgeschehen im Handel zuverlässig registrieren können? Es ist zu erwarten, dass die Technologie Fortschritte machen wird.

Amazon schließt die Amazon Fresh Stores nicht nur aus technologischen Gründen. Der Schritt ist auch Teil einer generellen Neuausrichtung des Anbieters im Lebensmittel-Markt. Das Unternehmen will sich stärker auf die Vertriebslinie Whole Foods konzentrieren. Fünf der britischen Amazon Fresh Filialen sollen unter dieser Marke erhalten bleiben. Darüber hinaus arbeitet Amazon daran, das Online-Geschäft mit Lebensmitteln im UK weiter auszubauen. Hierbei setzt das Unternehmen auf die Zusammenarbeit mit Morrisons, Iceland und Co-op sowie dem Lieferdienst Gopuff.

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Joachim Pinhammer

Joachim Pinhammer unterstützt als Retail Experte Handels- und Technologie-Unternehmen durch Beratung und Marketing-Expertise. Er war als Senior Analyst und Director Retail Technology bei der Analysten-Gruppe Planet Retail tätig. Davor war er als Director Marketing der Wincor Nixdorf AG (heute Diebold Nixdorf) verantwortlich für den internationalen Marketingauftritt der Retail Division des Unternehmens. Joachim Pinhammer ist regelmäßiger Sprecher auf Veranstaltungen der Messe Düsseldorf (EuroShop und EuroCIS), des EHIs und anderen Branchen-Events. Er veröffentlicht Fachbeiträge in Magazinen und Online-Foren der Branche.

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