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Scanless ohne Blackbox

Mit dem vergangene Woche in Schöneck eröffneten Store GK Go demonstriert GK einen neuen Ansatz rund ums Trendthema Scanless Stores. Gemeinsam mit den Partnern Hitachi und Shekel Ltd. zeigen die Instore-Experten, dass Echtzeitverarbeitung der Warenbewegungen auch in Scanless Stores möglich ist und bringen Transparenz und Interaktion auf das Smartphone der Kunden — während des Einkaufs.

Als der Primus des Online-Handels am 22. Januar 2018 seinen ersten Amazon Go Store für das Publikum öffnete, ging die wohl größte Verwunderung durch die Retail-Technology-Szene weltweit, die es je gab. Technologie-Anbieter hatten zuvor immer neue Versionen von Tunnelscannern an der Kasse, zuverlässigeres Self-Scanning mit dem Smartphone der Kunden und immer ausgefuchstere Formen der Diebstahlverhinderung nach Self-Scanning und an Self-Checkouts entwickelt. Und jetzt sollte das alles plötzlich überflüssig sein? Für viele war das eine schwer verdaubare Nachricht.

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Inzwischen erscheint es so, als seien Stores ohne Scanning schon so etwas wie normal.  Zumindest testen viele große Lebensmittel-Handelsunternehmen Scanless-Stores oder bereiten sich darauf vor — mit unterschiedlichen Technologieanbietern. Einige, darunter Carrefour, Aldi Süd, Tesco und Rewe, sind bereits über die Tests mit Mitarbeitern und Freunden hinaus und haben solche Läden für alle Kunden geöffnet. In den meisten dieser Grab&Go-Filialen liefern entweder der kalifornische Spezialist AiFi oder das israelische Start-up-Unternehmen Trigo die technische Basis für die Systeme, mit denen ohne Barcode-Scanning verfolgt werden kann, welcher Kunde welche Waren nimmt und bezahlen muss.

Kunden nutzen die App zum Einchecken in den Store und bezahlen damit nach dem Einkauf. Wahlweise bekommen sie auch den Betrag belastet und den digitalen Bon aufs Telefon, ohne einen Bezahlvorgang explizit anstoßen zu müssen. Während des Einkaufs selbst hat der Kunde jedoch keine Möglichkeit zu erfahren, welche Artikel bereits seinem Warenkorb zugeordnet wurden oder ob sie wirklich wieder gelöscht wurden, wenn er es sich anders überlegt und die Ware zurückgestellt hat. In den meisten der bisher realisierten Scanless Stores fehlt die Interaktion zwischen Kunde und Händler während des Einkaufs völlig. Im Vergleich zum Self-Scanning erscheint der Einkauf wie ein Blindflug.

Das Prinzip, nach dem Kunden ihr Smartphone nur nutzen, um einzuchecken, ist ohne jeden Zweifel sehr disruptiv. Dabei werden allerdings die Türen zur Interaktion zwischen Einzelhandelsunternehmen und ihren Kunden, die das Self-Scanning geöffnet hat, wieder geschlossen.

Shopper nutzen ihre Smartphones sowieso

Verbraucher wollen zu Hause digitale Einkaufslisten erstellen und dem Familienmitglied, das für die ganze Sippe einkauft, ihre aktuellen Wünsche auf seinem Smartphone zur Verfügung stellen. Wer im Store ist, möchten auch während seines Einkaufs mehr über die angebotenen Lebensmittel erfahren, möchten einfach überprüfen, ob sie seinen persönlichen Anforderungen an Nahrungsmittel entsprechen – ob sie geeignet sind auch für seine Familienmitglieder.

Handelsunternehmen möchten ihren Kunden Angebote machen, die auf ihren aktuellen Warenkorb oder ihren Standort im Geschäft abgestimmt sind, sie auf Verkaufsförderungsaktionen aufmerksam machen oder das Einlösen von Gutscheinen ermöglichen. Ein “Service“-Button auf der App des Einzelhändlers könnte den persönlichen Dialog und die Hilfe des Personals auslösen. Nicht zuletzt gibt die aktuelle Summe der Artikel im Einkaufswagen dem Kunden die Sicherheit, dass er nicht über seine Verhältnisse einkauft.

Interaktion im Scanless Store

Dass Scanless Store nicht zwangsläufig auch interaktionsfrei sein muss, beweist GK jetzt mit seinem Konzept GK Go. Die Spezialisten für In-Store-Technologie, zu deren Kunden Schwergewichte der Branche wie Edeka, Lidl, Aldi Nord und Migros gehören, haben an ihrem Hauptsitz in Schöneck jetzt einen scanlosen Laden eröffnet, der Echtzeit-Interaktionen zwischen den Handelsunternehmen und ihren Kunden ermöglicht.

Slide Show: Folgen Sie dem Retail Optimiser Schritt für Schritt durch den neuen GK Go Store. (Fotos: GK)

„Die Verbraucher wollen beim Einkaufen Informationen sehen, die für sie relevant sind, unabhängig vom Kanal oder vom Format“, erklärt Orit Bar-Ad, Portfolio Director bei GK: „Wir stellen die Interaktion des Einzelhändlers mit den Kunden in den Mittelpunkt.“ Dieser Ansatz ist anspruchsvoll, da er eine nahtlose Erkennung von Transaktionen im Store in Echtzeit voraussetzt. Um dies zu erreichen, hat GK für seinen GK Go Store die Lösungen von zwei Scanless-Spezialisten kombiniert. “Die Offenheit unserer Plattform ermöglicht es uns, verschiedene Technologien gemeinsam zu nutzen, um die Artikel und Verbraucherereignisse bereitzustellen, die von unserem neuen GK Go-Service genutzt werden”, erklärt Orit Bar-Ad.

Die Kombination macht’s möglich

Der GK Go Store nutzt die Plattform GK CLOUD4RETAIL in Kombination mit der Technologie der israelischen Shekel Ltd, deren Product Aware Shelves unter anderem für den kassenlosen Convenience Store Monop’ der Groupe Casino im Pariser Stadtteil Clichy verwendet wurden. Der Retail Optimiser berichtete. Shekel Ltd stattet die Regale mit intelligenter Wägetechnik aus. Die Software nutzt KI und selbstlernende Algorithmen, um das spezifische Gewichtsverhalten und die Verteilung jedes Produkts zu analysieren und es eindeutig zu erkennen.

Mit den 3D-LiDAR-Sensoren an der Decke und der Smart Space-Lösung von Hitachi werden die die Artikel eindeutig dem Kunden zugeordnet, der sie aus dem Regal nimmt. (Foto: GK)
Mit den 3D-LiDAR-Sensoren an der Decke und der Smart Space-Lösung von Hitachi werden die die Artikel eindeutig dem Kunden zugeordnet, der sie aus dem Regal nimmt. (Foto: GK)

Zusätzlich nutzt der GK Go Store die 3D-LiDAR-Sensoren und die Smart Space-Lösung von Hitachi. Die Technologie ordnet die Artikel eindeutig dem Kunden zu, der sie aus dem Regal nimmt. Die Lidar-Methode nutzt Laser anstelle von Kameras, um auch bewegte Objekte und Personen zu erkennen. Ereignisse, die sich in der Realität abspielen, können so sehr präzise in digitale Ereignisse übersetzt werden, ohne dass Videobilder entstehen, mit denen der Handel in die Persönlichkeitsrechte seiner Kunden eingreift.

Promotionen und Rabatte am Regal

Die Kombination von Regaltechnologie und Lidar-Lasern ist vielversprechend. Grundsätzlich, so betont Orit Bar-Ad, kann die Cloud-basierte Software-Plattform von GK aber mit allen Technologien zusammen verwendet werden, die ein genaues Ereignis liefern, wenn ein bestimmter Artikel von einem bestimmten Kunden aus dem Regal genommen oder wieder zurückgestellt wurde. „Unsere Lösung stellt sicher, dass der Kunde zu jedem Zeitpunkt seines Einkaufs sehen kann, was sich in seinem Einkaufswagen befindet, da dieser in Echtzeit auf seinem Smartphone aktualisiert wird. Er sieht die bisherige Summe des Einkaufs, die Artikel in seinem Einkaufswagen, Ersparnisse aus von Promotions und kann personifizierte Coupons einlösen. Dies ermöglicht auch weiter Interaktion zwischen dem Handelsunternehmen und seinen Kunden in unmittelbarem Kontext der Kaufentscheidung des Kunden am Regal.”

Zusätzlich zu den KI-Erkennungstechnologien von Shekel und Hitachi verwendet der GK Go-Markt in Schöneck auch ein Blue Fire Gate von Pan Oston und die neueste Version der elektronischen Regaletiketten von Hanshow, die Nebular-Serie, die eine Fernaktualisierung der Preise ermöglicht.

Einzelhändler können die Entscheidung ihren Kunden überlassen: Im gleichen Store können die, welche es eilig haben, ihre Ware nehmen und gehen. (Foto: GK)
Einzelhändler können die Entscheidung ihren Kunden überlassen: Im gleichen Store können die, welche es eilig haben, ihre Ware nehmen und gehen. (Foto: GK)

Mit dem neuen Ansatz müssen sich Einzelhändler nicht mehr entscheiden, ob sie ihren Kunden eine reine Grab-and-Go-Lösung anbieten wollen oder ein Einkaufserlebnis, bei dem sie jederzeit wissen, was sich in ihrem Warenkorb befindet, ihren bisherigen Gesamtbetrag sehen und zusätzliche Informationen über Produkte, Aktionen und vielleicht individuelle Rabatte erhalten. Einzelhändler können die Entscheidung ihren Kunden überlassen: Im gleichen Store können die, welche es eilig haben, ihre Ware nehmen und gehen. Andere, die sich mehr Service, digitale Einkaufszettel, Transparenz und Produktinformationen wünschen, können ihr Smartphone zur Unterstützung ihres Einkaufs im selben Store sinnstiftend einsetzen.

Haben GK Go möglich gemacht: (von links nach rechts) Guy Moshe, CTO & Mitgründer, Shekel; Christian Dornacher, Leiter Smart Spaces & Lumada Video Insights, Hitachi Vantara; Orit Bar-Ad, Leiterin Portfolio Management, GK; Georg Soppa, Portfolio-Geschäftsanalytiker, GK; Rami Bahar, CBDO Einzelhandel, Shekel (Foto: GK)
Haben GK Go möglich gemacht: (von links nach rechts) Guy Moshe, CTO & Mitgründer, Shekel; Christian Dornacher, Leiter Smart Spaces & Lumada Video Insights, Hitachi Vantara; Orit Bar-Ad, Leiterin Portfolio Management, GK; Georg Soppa, Portfolio-Geschäftsanalytiker, GK; Rami Bahar, CBDO Einzelhandel, Shekel (Foto: GK)

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Björn Weber

Björn Weber ist seit über 20 Jahren als Journalist, Analyst und Berater auf den Einzelhandel und die Konsumgüterindustrie spezialisiert. Bevor er die Agentur Fourspot gründete, bei der The Retail Optimiser erscheint, leitete er die internationale Analysten-Gruppe LZ Retailytics. Zuvor war er Research Director Retail Technology und Deutschlandchef von Planet Retail. Björn Weber war davor acht Jahre lang Redakteur für IT & Logistik-Themen der Lebensmittel Zeitung. Björn Weber ist Mitglied der Jury des Retail Technology Awards (Reta Europe) des EHIs. Er ist regelmäßiger Sprecher auf Veranstaltungen des EHIs, der NRF, der Branchenmedien sowie des Consumer Goods Forums.

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