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Händler-Apps ebnen den Weg zu Real-Time-Loyalty

Einzelhandels-Unternehmen haben heute zuvor nie da gewesene Möglichkeiten, ihre Kunden Technologie-basiert aus der Anonymität zu holen und wertvolle Daten über das individuelle Kaufverhalten zu gewinnen. Gelingt es Handelsunternehmen, die an verschiedenen Touchpoints erfassten Kunden-Daten konsistent zu nutzen, schaffen sie die beste Voraussetzung, um die Art zu Handeln und mit ihren Kunden zu kommunizieren auf völlig neue Füße zu stellen. Handelsunternehmen wie Aldi Nord, die Schwarz Group mit Lidl oder Walmarts Cash & Carry-Vertriebslinie Sam’s Club rücken unternehmens-eigene Apps, welche auf den Smartphones der Kunden laufen, in den Mittelpunkt ihrer Loyalty-Strategie. Nutzen Shopper die in den Händler-Apps angebotenen Services wie Rabatt-Coupons, Rezeptvorschläge mit passenden Einkaufslisten oder die Self-Scanning-Funktion, können Einzelhandels-Unternehmen wertvolle Shopper-Insights über deren Verhalten in ihren physischen Vertriebsstätten sammeln. Dies eröffnet Retailern vielfältige, bisher ungenutzte Möglichkeiten: Darunter nicht zuletzt die Chance, Shoppern auf sie zugeschnittene Angebote in Echtzeit während des Einkaufs zu unterbreiten.

Geopolitische Spannungen, hohe Inflationsraten und neue, äußerst preis-aggressiv im Markt auftretende Online-Plattformen wie Temu und Shein, welche einen Großteil ihrer Produkte wettbewerbs-verzerrend unterhalb der Zollfreigrenze im Direktvertrieb aus China in die USA oder in europäische Länder versenden können, mischen die Karten in der Handelslandschaft neu. Für die Marktteilnehmer wird es in dem immer komplexer werdenden wirtschaftlichen Umfeld kontinuierlich bedeutsamer, ihre Kunden besser kennenzulernen, um sie durch gezielte Ansprache besser zu motivieren, häufiger und mehr über ihre Vertriebslinien einzukaufen.

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Immer mehr Handelsunternehmen modernisieren derzeit ihre in die Jahre gekommenen Loyalty-Programme. Viele Retailer, die noch gar keins hatten, investieren jetzt motiviert durch völlig neue technologische Möglichkeiten in den Aufbau ihres eignen Kundenbindungs-Programms. Andere lösen sich aus Loyalty-Schemes mit anderen Handelsunternehmen und bauen ihre eigenen auf. „Der beste Weg für Handelsunternehmen mit starker Rendite langfristig zu überleben, geht über gute Kundenbindung“, erklärt Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH Köln) im Tiefen-Interview mit dem Retail Optimiser.

Intelligente Loyalty-Strategien können Handelsunternehmen maßgebend den Weg ebnen, ihr Business über alle Vertriebskanäle hinweg profitabel in die Zukunft zu führen. „Kundenbindungs-Programme sind keine veraltete Methode, sie erleben momentan eine Renaissance, da Retailer verstärkt nach zuverlässigen Kundendaten suchen“, erklärt Falko May, der als Principal bei Capgemini für den Geschäftsbereich Kundenloyalitätsmanagement verantwortlich ist, im Interview mit dem Retail Optimiser. „Loyalty-Programme sind dabei oft die erste Wahl, da sie greifbar, effektiv und essentiell für den Erfolg im Einzelhandel sind.“

Kaufbereitschaft sinkt weltweit

Die jährlich über Handelspanels in über 70 Ländern erfassten POS-Daten für die Konsumenten-Trendstudie GfK Consumer Life zeigen, dass eine hohe Inflationsrate Verbraucher verunsichert. Infolgedessen werden Shopper preissensibler und das Konsumklima stagniert. In der aktuellen Studie ‚What Matters to Today’s Consumer 2024‘ des Beratungs- und Dienstleistungs-Unternehmens Capgemini geben 52 Prozent der Verbraucher an, dass sie sehr besorgt sind über ihre persönlichen Finanzen. 40 Prozent der Befragten planen, ihre Ausgaben in verschiedenen Produktkategorien zu kürzen. Am stärksten wollen sich die Kunden des Handels laut der Studie von Capgemini bei Luxusartikeln und Möbeln, aber auch bei rezeptfreien Gesundheitsprodukten sowie bei Lebensmitteln beschränken.

Die diesjährige Consumer Trends Studie von Capgemini hat außerdem ergeben, dass Verbraucher in der angespannten wirtschaftlichen Lage besonders bei denjenigen Unternehmen einkaufen, welche sie bei der Bewältigung der Krise unterstützen. „In der heutigen Zeit, in der Märkte gesättigt sind und Menschen preisbewusst agieren, ist es wichtig, passende Kaufimpulse zu setzen“, erklärt Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln. „Die Kundschaft ist schwer zu spontanen Käufen zu bewegen, daher spielt der Rabatt als Impuls eine wichtige Rolle im Marketingmix. Es ist heute unumgänglich, Rabatte als Teil der Strategie zu betrachten.“

Capgeminis Falko May sieht enormes Potenzial für Lebensmittel- und Fashion-Discounter: „In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stellt es für Handelsunternehmen eine erhebliche Chance dar, Kunden zu zeigen, dass sie mit ihren Ängsten und Nöten verstanden werden. Gerade für Lebensmittel- und Fashion-Discounter bietet sich die Chance, neue Zielgruppen zu erschließen. Überdies geht es dann natürlich darum, diese langfristig zu binden.“

Emotionale Bindung statt Schnäppchenjagd

Arbeitet ein Handelsunternehmen jedoch ausschließlich mit einheitlichen Rabatt-Aktionen für alle Kunden oder reinen transaktionalen, wenig personalisierten Earn-and-Burn-Programmen, bei denen es seine Kunden für getätigte Käufe durch Rabatte belohnt, hat dies zwar das Potenzial, kurzfristig den Absatz zu fördern, schafft aber nicht zwingend eine langfristige Bindung zur Marke. „Wir setzen den Konsumierenden dann letztlich unter Dauerimpuls und am Ende passiert das, was wir in Deutschland im Möbelhandel sehr schön beobachten können: Die Prospekte quellen über von sich überschlagenden Rabatten“, sagt Dr. Kai Hudetz und ergänzt: „Das ist wenig glaubwürdig. Für Handelsunternehmen macht es deutlich mehr Sinn, ganz gezielt mit Angeboten zu arbeiten und nicht in eine Rabattschlacht auf –  fast  – alles mit einzusteigen.“

Viele Entscheider im Handel haben erkannt, dass Preisrabatte nicht der einzige Hebel in der Beziehung zwischen Handelsunternehmen und Kunden sein sollten. „Aussichtsreiche Loyalty-Programme bieten Kunden nicht nur finanzielle Anreize, sondern schaffen auch eine emotionale Bindung zu einer Marke, indem sie Shoppern ein Gefühl von Zugehörigkeit und Anerkennung vermitteln“, erklärt Falko May von Capgemini. „Wertschätzende Gesten wie persönliche Einladungen zu Presales-Events, können ein entscheidendes Element der emotionalen Bindung zu Kunden sein und einen Mehrwert schaffen, der über den finanziellen Aspekt hinausgeht.“ 

 

Kunden der Walmart Cash & Carry-Vertriebslinie Sam's Club erhalten über die unternehmens-eigene App beim Scannen von Produkten im Store personalisierte Angebote in Echtzeit. (Foto: Walmart / Sam's Club)
Kunden der Walmart Cash & Carry-Vertriebslinie Sam's Club erhalten über die unternehmens-eigene App beim Scannen von Produkten im Store personalisierte Angebote in Echtzeit. (Foto: Walmart / Sam's Club)

Handel belohnt nicht nur den Kauf

Smarte Loyalty-Programme von Handelsunternehmen honorieren nicht nur die Kaufabschlüsse ihrer Kunden, sondern auch deren vor- oder nachgelagerten Interaktionen mit dem Unternehmen. So können Retailer ihre Bestandskunden und potenziellen Neukunden belohnen, wenn sie Feedback zu den Produkten oder Dienstleistungen des Handelsunternehmens  bereitstellen, Produktbewertungen abgeben, Empfehlungen an Freunde aussprechen oder auf den unternehmens-eigenen Präsenzen auf Social Media-Plattformen aktiv werden. Handelsunternehmen geben ihren Kunden auf diese Weise mehr Anreize, ihr wertvolles Feedback einzubringen.

Ziehen Branchen-Player die richtigen Schlüsse aus den Rückmeldungen ihrer Kunden und binden diese konsequent in ihre Geschäftsprozesse ein, können sie ihre Produkte oder Dienstleistungen stetig optimieren. Nicole Smuga, Loyalty Marketing Consultant für Enterprise Loyalty Programs vom Beratungs-Unternehmen Comarch, welches sich durch regelmäßig durchgeführte Shopper-Studien einen Namen gemacht hat, erklärt: „Programmbetreiber müssen weg von der reinen Konsumorientierung hin zu einem achtsamen Umgang mit Daten und Ressourcen und einer regelmäßigen und relevanten 1:1 Interaktion“.

Balance-Akt zwischen Einkaufserlebnis und Wirtschaftlichkeit

Selbst in Ländern, in denen Loyalty-Programme fast branchenweit etabliert sind – allein in den USA sind über drei Milliarden Mitglieder in Loyalty-Programmen registriert – sind sie keine Selbstläufer. Denn Handelsunternehmen müssen ihre Kundenbindungs-Aktivitäten so aussteuern, dass sie ein wertschätzendes, zum jeweiligen Markenkern des Handelsunternehmens passendes Einkaufserlebnis für ihre Kunden bieten und dabei trotzdem wirtschaftlich effizient agieren.

„Die wahre Kunst besteht darin, die richtige Balance zwischen monetären und ideellen Benefits zu finden“, erklärt Falko May gegenüber dem Retail Optimiser. „Indem Handelsunternehmen ihren Kunden einen emotionalen Mehrwert bieten, steigern sie nicht nur ihre Customer Lifetime, sondern schaffe auch eine langfristige Bindung, während alles andere oft nur eine taktische, kurzfristige Lösung darstellt.“

Kunden sind daten-affin

Für Handelsunternehmen, insbesondere jene, welche Waren des täglichen Bedarf anbieten, kann nicht nur die aktuell angespannte wirtschaftliche Lage vieler Shopper zum Problem werden, sondern auch die Art ihres Konsumverhaltens: Die heutigen Kunden sind ständig online, vergleichen spielend die Preise für Produkte und Dienstleistungen, nutzen Bewertungs-Portale und tauschen sich mit anderen Verbrauchern über ihre Erfahrungen mit Unternehmen und Produkten aus. Eine Folge ist, dass der informierte Kunde mehr Service zum niedrigen Preis erwartet.

Für ihren Einkauf wechseln Kunden einfacher denn je zwischen Handelsunternehmen und deren unterschiedlichen Vertriebskanälen. „Wir sehen, dass die Loyalität gegenüber Unternehmen der Konsumgüterindustrie im Grunde abnimmt,“ erklärt Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln und ergänzt: „Menschen haben heute viel mehr Kauf-Optionen und nutzen die Preis-Transparenz im Internet durch stetiges Vergleichen“.

 

Tesco wertet über eine KI-basierte Data-Science-Lösung große Mengen an Daten zum Nutzungsverhalten von Kunden an jedem Kontaktpunkt strukturiert aus. (Foto: Tesco)
Tesco wertet über eine KI-basierte Data-Science-Lösung große Mengen an Daten zum Nutzungsverhalten von Kunden an jedem Kontaktpunkt strukturiert aus. (Foto: Tesco)

360-Grad-Sicht auf den Kunden

Für Handelsunternehmen ist es in herausfordernden Zeiten umso wichtiger, bei ihren Kunden mit einem nahtlosen Einkaufserlebnis punkten zu können. Der Wunsch von Branchen-Unternehmen, eine einheitliche Sicht auf die Verhaltensdaten ihrer Kunden zu gewinnen, ist nicht neu, bleibt aber maximal relevant. Für eine vollständige 360-Grad-Kundensicht müssen die Aktionen an den diversen Touchpoints entlang der Customer Journey gesammelt, strukturiert und in einem Kundenprofil zusammengeführt werden. Dies ist und bleibt aber eine Herkulesaufgabe für die Branchen-Player.

Oft werden die Kundendaten von Handelsunternehmen in vielen unterschiedlichen Datentöpfen und Systemen – CRM-, Marketing- und Servicelösungen – gespeichert und verarbeitet. Vielerorts werden die Daten dann auch noch getrennt nach stationären Verkaufsstätten und Online-Vertriebslinien gehalten. Um eine ganzheitliche Sicht auf den Kunden zu erhalten und flüssige Einkaufserlebnisse bieten zu können, brauchen Unternehmen eine Strategie, welche Daten und Prozesse zusammenfasst, verarbeitet und miteinander verbindet.

„Die meisten Unternehmen scheitern daran, ihre Silo-Strukturen aufzubrechen, um eine umfassende Datenbasis zu jedem Kunden nutzen zu können“, erklärt Capgeminis Falko May und ergänzt: „Nur wenige Unternehmen haben eine 360-Grad-Kundendaten-Architektur tatsächlich umgesetzt. Gewachsene Strukturen sowie organisatorische und technische Grenzen erschweren die Realisierung dieses Ziels in vielen Fällen.“

Transparenz beim Datenschutz ist wichtige Bedingung

Um den Datenschatz heben zu können, ist es für Handelsunternehmen bedeutend, zunächst Transparenz darüber herzustellen, wie Kundendaten einerseits im Marketing genutzt werden und wie sie andererseits vor unlauterem Zugriff geschützt werden sollen. Erfahrungsgemäß – trotz aller Bemühungen – werden schädliche Angriffe auf die Datenpools von Handelsunternehmen nicht weniger. „Es ist wichtig, dass Unternehmen transparent gegenüber ihren Kunden sind, was mit ihren Daten geschieht, um Vertrauen aufzubauen“, erläutert Falko May von Capgemini.

IFH Köln Geschäftsführer Dr. Kai Hudetz sieht einen strategischen Vorteil in der Datenbeschaffung bei jenen Handelsunternehmen, welche schon lange am Markt sind: „Menschen sind bereit, sehr viele personenbezogene Daten preiszugeben, wenn sie einen klaren Mehrwert erkennen. Gleichzeitig sind sie täglich dem potenziellen Missbrauch dieser Daten ausgesetzt, darüber müssen sich Unternehmen im Klaren sein. Denjenigen Retail-Brands, welche über Jahrzehnte Vertrauen aufbauen konnten, bieten sich strategische Chancen, mehr Daten zu erhalten als bei gänzlich neuen Playern im Markt.“

 

Kunden scannen den Code ihrer Lidl-Plus-App an der Kasse, um personalisierte Coupons einzulösen (Foto: Lidl)
Kunden scannen den Code ihrer Lidl-Plus-App an der Kasse, um personalisierte Coupons einzulösen (Foto: Lidl)

Lidl hebt den Datenschatz seiner physischen Stores

Dem Vorbild ihrer E-Commerce-Vertriebskanäle folgend, arbeiten zahlreiche Handelsunternehmen nun daran, auch die Kunden ihrer physischen Vertriebsstätten aus der Anonymität zu holen. So hat Lidl bereits 2020 ein digitales Kundenbindungs-Programm an den Start gebracht, um wertvolle Kundendaten für Marketing-Zwecke zu sammeln. Lidl analysiert die über seine Kunden-App gewonnen Insights im großen Stil, um Shoppern personalisierte Angebote und Dienstleistungen in seinen deutschen Filialen sowie auch in jenen außerhalb seines Heimatlandes anzubieten.

Damit ist die größte Vertriebslinie des Einzelhandels in Europa einen großen Schritt gegangen in der kundenbezogenen Warenkorb-Analyse. Um Shopper zu motivieren, die Lidl Plus App zu nutzen, bietet die Vertriebslinie der Schwarz Gruppe exklusive Rabatte und personalisierte Angebote nur über die App. Ein für Discounter bislang untypisches Verhalten.

Aldi Nord testet Loyalty-Programm in Belgien

Aldi Nord folgt seinem Wettbewerber Lidl und testet seit Juli 2024 zunächst in Teilen Belgiens erstmals ein Kundenbindungs-Programm. Nutzer der Aldi-App können in rund 70 Filialen des Discounters in West-Flandern und im Norden der Provinz Hainaut Bonuspunkte sammeln. Wenn ein Kunde bestimmte Markenartikel auf seine Einkaufsliste genommen hat, schlägt die Aldi-App vor, diese durch entsprechende Eigenmarken zu ersetzen. Die Funktion Tauschen und Sparen zeigt dann in Prozenten an, wieviel weniger das Aldi-Produkt kostet. Noch nicht verbunden ist die App von Aldi Nord mit den Lösungen für das Self-Scanning, welches der Discounter in den Niederlanden testet.

Wie die Lebensmittel Zeitung berichtete, arbeitet Aldi Nord bei diesem Loyalty-Programm mit dem Software-Spezialisten GK, der auch die neuen Filial-Lösungen des Discounters entwickelt. GK hatte auf der diesjährigen Eurocis eine neue, mit KI angereicherte Loyalty Lösung ‚GK Engage‘ vorgestellt.

 

Mit seiner neuen Loyalty-App motiviert Aldi Nord seine Kunden, Marken durch Eigenmarken zu ersetzen. (Foto: Aldi Nord)
Mit seiner neuen Loyalty-App motiviert Aldi Nord seine Kunden, Marken durch Eigenmarken zu ersetzen. (Foto: Aldi Nord)

KI-Tools ermöglichen hyper-personalisierte Kundenerlebnisse

Kundenbefragungen zeigen, dass Shopper personalisierte Angebote erwarten. So sind 69 Prozent der von Deloitte und Medallia über ein internationales Panel von 7.000 Shoppern in Frankreich, USA, Polen, Deutschland, Ungarn und der Tschechischen Republik befragten Verbraucher der Ansicht, dass ein personalisiertes Erlebnis ihre Treue positiv beeinflusst.

Wollen Handelsunternehmen ihren Kunden maßgeschneiderte Belohnungen im Rahmen von Loyalty-Programmen bieten, setzen sie KI-Tools ein, um die große Menge gewonnenen Kunden-Insights, welche aus tausenden Datenpunkten aus aktuellem und historischem Kundenverhalten bestehen, auch wirklich nutzbar zu machen. „Handelsunternehmen, welche KI-Tools einsetzen, können viel effizienter ihre Kundendaten nutzen und Menschen gezielt ansprechen“, erklärt Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln. „Durch die KI-basierte Datenanalyse können Branchen-Player prognostizieren, wie ihre Kundschaft auf verschiedene Rabattaktionen reagieren wird. Beispielsweise kann analysiert werden, ob jemand bereits bei 10 Prozent Rabatt anspringt oder ob er erst bei 30 Prozent aktiv wird.“

Loyalty-Manager bekommen volle Kontrolle

KI-Tools können Handelsunternehmen dabei unterstützen, präzise Vorschläge für Angebote, personalisierte Coupons, verhaltens-basierte Belohnungen und Empfehlungen zu erstellen, die auf die Interessen der Empfänger abgestimmt sind. Je nach Unternehmensziel können Loyalty-Manager die volle Kontrolle darüber behalten, welche Inhalte an welche Zielgruppe ausgespielt werden. Oder sie legen Ziele fest, welche die KI dann selbstständig umsetzt, indem sie basierend auf dem Kundenverhalten in Echtzeit die passenden Angebote über die geeigneten Kanäle auswählt und dies kunden-individuell bereitstellt.

Auch Falko May von Capgemini sieht enormes Potenzial, wie Unternehmens-Prozesse KI-basiert optimiert werden können: „Es gibt kaum Handelsunternehmen, welche sich nicht damit beschäftigen, wie sie KI und Gen-AI einsetzten können. Spannende Einsatzfelder gibt es für Unternehmen auch bei Prozessen, wie beispielsweise Kunden-Segmentierung oder Wissensvermittlung von Kundendienst-Mitarbeitern.“ Dr. Kai Hudetz betont aber auch Risiken für Unternehmen beim Einsatz von KI-Tools: „Die KI ist nicht fehlerfrei und sie befindet sich in einem ständigen Entwicklungsprozess. Die Algorithmen können falsche Informationen oder Zusammenhänge präsentieren, was zu ungenauen Angeboten führt. Das Risiko bleibt bestehen, unabhängig davon, wie gut die Qualität der Daten und die Mechanismen die dahinterliegen sind, mit denen die KI gefüttert wird.“

 

Tescos Shoppern werden KI-basiert maßgeschneiderte Promotions in mehrstufigen Schritten angeboten, welche kontinuierliche Interaktionen belohnen (Foto: Tesco)
Tescos Shoppern werden KI-basiert maßgeschneiderte Promotions in mehrstufigen Schritten angeboten, welche kontinuierliche Interaktionen belohnen (Foto: Tesco)

Tesco setzt auf Hyper-Personalisierung

So nutzt Tesco beispielsweise eine KI-basierte Data-Science-Lösung in seinem Kundenbindungs-Programm. Die Algorithmen der Lösung ermöglichen es dem britischen Handelsgiganten, eine ganzheitliche Sicht auf jeden Shopper zu erlangen. Tesco ist in der Lage, große Mengen an Daten zum Nutzungsverhalten von Kunden strukturiert auszuwerten – an jedem Kontaktpunkt in der Vertriebsstätte sowie im Online-Shop.

Basierend auf den Erkenntnissen erstellt die Lösung hyper-personalisierte Inhalte, Empfehlungen und Angebote und spielt diese kunden-individuell in Echtzeit aus. Tesco kann mit diesem Tool Cross- und Upselling-Aktivitäten noch vor Ort in der App oder am Self-Checkout in seinen physischen Vertriebsstätten leichter vorantreiben.

Sam’s Club spielt Display-Anzeigen beim Self-Scanning in Echtzeit aus

Auch Walmarts Cash & Carry-Vertriebslinie Sam’s Club weist den Weg, wie Kunden bei jedem Produktscan über die App mit personalisierten Inhalten während ihres Aufenthaltes im physischen Store angesprochen werden können. „Ein Ansatz, der erst an der Kasse im Brick & Mortar-Store beginnt, ist in der heutigen Zeit schlichtweg zu spät und vernachlässigt die vielfältigen Bedürfnisse der Kunden und berücksichtigt nicht die gesamte ‚Customer Journey‘“, erklärt Capgeminis Falko May.

Sam’s Club bringt Display-Anzeigen der Konsumgüter-Industrie in die Scan & Go-Funktion seiner Mitglieder-App. Damit eröffnet das US-amerikanische Handelsunternehmen Werbetreibenden neue Möglichkeiten, seine Kunden in den physischen Vertriebsstellen zu dem Zeitpunkt in der Customer Journey zu erreichen, an dem sie über den Kauf von Produkten letztendlich entscheiden. Sam’s Club eröffnet sich damit neue Möglichkeiten, das Einkaufsverhalten seiner Kunden und die Anzeigenleistung zu messen.

Branche will bestehende Loyalty-Programme fit machen

Im Loyalty-Markt ist Bewegung: Studienergebnisse zeigen, dass drei von vier Betreiber von Loyalty-Programmen diese in den kommenden drei Jahren überarbeiten oder neugestalten, um Kunden über alle Touchpoints nahtlos mit personalisierten Angeboten ansprechen zu können. Handelsunternehmen benötigen flexible IT-Lösungen, um sich schnell an wechselnde Kundenbedürfnisse anzupassen, ohne kostspielige oder zeitaufwendige System-Umbauten vornehmen zu müssen.

Beim Umbau ihrer Loyalty-Programme zielen die Handelsunternehmen darauf, dass alle impliziten und expliziten Kunden-relevanten Informationen in Echtzeit auf einer Plattform zentral erfasst werden oder von Drittsystemen integriert werden können – übergreifend über alle Vertriebskanäle. Über KI-basierte Tools können relevante Botschaften zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, an die richtige Person ausgespielt werden. Neue Technologien bieten Handelsunternehmen die Möglichkeit, Kunden eine nahtlose Customer Experience über alle Kanäle hinweg zu erschaffen, ihre Bedürfnisse schnell zu erkennen. Das schafft langfristige Kundenbindung. 

„In einer digitalisierten Welt, in der Wandel das neue Normal ist, sind bedingungslose Kundenzentrierung und Anpassungsfähigkeit wichtige Schlüssel zum Erfolg“, erläutert Oliver Schmitz, Experte für Retail-Trends bei NIQ und GfK. „Händler, die ihre Strategie datenbasiert aufsetzen und immer wieder anpassen, werden besser positioniert sein, um den sich ständig wandelnden Anforderungen der Konsumenten gerecht zu werden. So sichern sich Händler langfristigen Erfolg.“

 

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Annette Böhm

Annette Böhm  ist seit über 20 Jahren auf die Entwicklung und Steuerung von Marketing-Kampagnen mit den Zielgruppen Einzelhandel und Konsumgüterindustrie spezialisiert. Die Lead-Generierung und Kundenbindung durch digitale Inbound-Marketing-Kampagnen ist ihr Spezialgebiet. Sie ist Expertin für Social-Media- und E-Mail-Marketing und beherrscht die einschlägigen CRM-Systeme und Marketing Automation Tools.

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